Informatik-Referenzrahmen für die Schule

Februar 2022



von

Michael E. Caspersen (Vorsitzender)
Ira Diethelm
Judith Gal-Ezer
Andrew McGettrick
Enrico Nardelli
Don Passey
Branislav Rovan
Mary Webb

Übersetzung (17. März 2023):

Ira Diethelm
Stefan Pasterk
Jan Vahrenhold


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung
1. Präambel
2. Informatik und Gesellschaft
3. Ein gemeinsamer Informatik-Referenzrahmen
4. Der Informatik-Referenzrahmen
4.1 Einführung in den Informatik-Referenzrahmen
4.2 Absichten und Ziele
4.3 Kernthemen
4.4 Zeitgemäßer Kontext und Implikationen
4.5 Beispiele für Ergebnisse
5. Schlussbemerkung
Anhänge
A.1 Die Disziplin Informatik
A.2 Indikatoren der Lernergebnisse
Verweise


Zusammenfassung

Die Informatik hat seit dem letzten Jahrhundert einen immensen Beitrag zu innovativen und bedeutenden technologischen Fortschritten geleistet. Sie beeinflusst die aktuelle wirtschaftliche, bildungsbezogene, industrielle und gesellschaftliche Entwicklung und umgekehrt.

Die Informatik hat die Fähigkeit, das menschliche Urteilsvermögen und Potenzial zu unterstützen und zu erweitern. Es liegt in der Verantwortung des Bildungssystems, dies anzuerkennen und dafür zu sorgen, dass junge Menschen in der Lage sind,  Innovationen voranzutreiben, sie zu beurteilen und an der Entwicklung einer gerechten und mündigen Gesellschaft teilzuhaben.

Um dieser gesamtgesellschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen, muss die Informatik als wesentlicher Aspekt der Bildung aller Schüler:innen angesehen werden. Das vorliegende Papier, das einen Informatik-Referenzrahmen für alle jungen Menschen skizziert, trägt dem Rechnung. Es soll eine hochwertige Anleitung bieten, die zur Lehrplangestaltung verwendet werden kann und dazu anregt, den Fokus und die Herangehensweise an das Fach Informatik zu überprüfen.

Nach den einleitenden Abschnitten wird das Herzstück des Referenzrahmens in Abschnitt 4 beschrieben. Eine Reihe von Zielen und Vorgaben für die informatische Bildung für alle jungen Menschen wird in Abschnitt 4.2 bereitgestellt, gefolgt von einer Reihe von Kernkonzepten und einer begleitenden kurzen Beschreibung dieser in Tabelle 1 von Abschnitt 4.3; dies vermittelt eine robuste Struktur und eine allgemeine Architektur, die eine wesentliche Sicht auf die Informatik als allgemeinbildende Disziplin einfängt. Um die allgemeine Architektur abzurunden, wird in Abschnitt 4.4 eine zeitgemäße und nach außen gerichtete Sicht auf die Informatik geboten; Dazu gehört eine Diskussion moderner Entwicklungen, die sich auf Themen wie Data Science und künstliche Intelligenz beziehen, sowie die Berücksichtigung verwandter ethischer Aspekte.

Anhang A.1 enthält eine kurze Beschreibung der Informatik als eigenständige Disziplin. Anhang A.2 enthält eine begrenzte Anzahl von Beispielen dafür, wie hochwertige Lernergebnisse in einem konkreten Lehrplan auf drei Ebenen beschrieben werden könnten, die Indikatoren für das Erreichen von Lernzielen nach dem Primarbereich, dem Sekundarbereich I und dem Sekundarbereich II widerspiegeln.

Februar 2022


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1. Präambel

In weiten Teilen der Welt wurden die jüngsten Fortschritte in der Informatik
1 Im Englischen wird Informatik sowohl mit informatics als auch mit computer science bezeichnet.
 
für ihr Potenzial zur Unterstützung und Förderung der zukünftigen wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung anerkannt. Enorme Geldsummen werden bereitgestellt, um Fortschritte in einer Reihe von Branchen zu untermauern, und in einigen Ländern wurden ehrgeizige Initiativen ergriffen, um eine obligatorische informatische Bildung für alle sicherzustellen.
2 Siehe (White House 2016).
 

In Europa gab es eine ähnliche Begeisterung über die Fortschritte in der Informatik, da erwartet wird, dass diese besonders Bereiche wie verbesserte Entscheidungsfindung, Verbesserungen im Gesundheitswesen, Fortschritte in der intelligenten Landwirtschaft, Entwicklungen im Klimawandel, verbesserte Sicherheit sowie wachsende Automatisierung voranbringt.

Innerhalb Europas haben sich viele Bemühungen auf digitale Kompetenzen konzentriert,

3 The Digital Competence Framework for Citizens
 
  die sich hauptsächlich mit den Aspekten einer angemessenen Vorbereitung auf die digitale Gesellschaft befassten; Die informatische Bildung ist jedoch immer noch fragmentiert und erhält unzureichende Aufmerksamkeit.

Für Informatik in der Allgemeinbildung hat die “Informatics for all coalition”

4 informaticsforall.org
 
  in ihrer früheren Arbeit eine zweistufige Strategie entwickelt.
5   Siehe (Caspersen et al. 2018, pp.5–6).
 
  Einerseits ist die Informatik als wichtige Grundlagendisziplin zu sehen, die neben der Mathematik und den Sprachen gleichgestellt ist. Die Strategie hebt aber auch das Potenzial der Informatik hervor, in den Unterricht aller anderen Disziplinen eingebunden zu werden, was zu tieferen Formen der Bildung und Einsicht in diese anderen Disziplinen führt.

Die “Informatics for all coalition” legt diesen Bericht vor, um die erste Ebene anzusprechen, indem sie die Förderung und Entwicklung der Informatik als grundlegende Disziplin für das 21. Jahrhundert unterstützt

6 Siehe (Caspersen et al. 2019, pp.60–61)
 und als allgemeiner Bezugsrahmen für beide Ebenen dient.

Die “Informatics for all coalition” erkennt das wertvolle Review-Feedback an, das sie von Vertreter:innen der europäischen Informatik-Community zu einer früheren Version dieses Dokuments erhalten hat.


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2. Informatik und Gesellschaft

Die Welt wird immer „digitaler“, mit allgegenwärtigen Informatiksystemen, die als Netzwerke von Menschen und Technologie realisiert werden, die auf immer raffiniertere Weise in allen Aspekten des Lebens interagieren. Beispielsweise bietet die Entwicklung des Internets, des World Wide Webs und begleitender Suchmaschinen und Webdiensten, verbunden mit der Entwicklung mobiler Geräte, vielfältige Möglichkeiten um Information und Dienste überall und jederzeit abzurufen.

Informatik ist die Bezugswissenschaft,

7 Siehe Anhang A.1 für eine kurze Beschreibung der Disziplin der Informatik.
 
der digitalen Welt. Aufgrund ihrer Verbreitung ist Informatik für alle Fächer und Berufe unverzichtbar und gewinnt als Schulfach zunehmend an Bedeutung. So wie Schüler:innen in den Naturwissenschaften in der Schule die lebendige und die physische Welt kennenlernen, sollten alle Schüler:innen Informatik in der Schule lernen, um in der digitalen Welt gedeihen zu können.

Die Informatik stärkt das Verständnis für Prozesse der Modellierung und Manipulation realer Objekte sowie ihrer digitalen Entsprechungen. Die neue Art, über Probleme und ihre Lösungen nachzudenken, ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis unserer heutigen und zukünftigen Gesellschaft, aber die Informatik hat auch Grenzen und Gefahren, die es zu beachten gilt (z. B. autonome Systeme mit möglicherweise unerklärlichem Verhalten und Algorithmen, die die öffentliche Meinung in sozialen Netzwerken manipulieren).

Die digitale Technologie unterscheidet sich von allen anderen Technologien, die die Menschheit erfunden hat. Frühere Technologien verbessern die körperlichen Fähigkeiten, aber die Informatik verbessert (auch) unsere kognitiven Fähigkeiten, indem sie kognitive Aufgaben und Prozesse durch Automatisierung unterstützt oder sogar ersetzt, z. B. Diagnosesoftware im Gesundheitswesen, fahrerlose Autos und autonome Roboter. Damit stellt die Informatik ein radikales und grundlegendes Novum dar, das nach einer entsprechenden Ausbildung kommender Generationen verlangt.

Die digitale Welt beeinflusst zunehmend die Lebensgestaltung in Freizeit, Ausbildung und Beruf; insbesondere hat sich geändert, wo und wie diese Aktivitäten durchgeführt werden. Die Informatik im Allgemeinen und die besondere Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI), die durch maschinelles Lernen und Data Science untermauert wird, verändert das menschliche Wissen, die Wahrnehmung und die Realität – und damit den Lauf der Geschichte. Die Informatik hat es ermöglicht, eine außergewöhnliche Bandbreite von Aufgaben zu automatisieren, und zwar durch die Befähigung von Maschinen, eine immer entscheidendere Rolle dabei zu spielen, Schlussfolgerungen aus Daten zu ziehen und dann Aktionen auszuführen. Die zunehmende Übertragung der Urteilsbildung von Menschen auf Maschinen kennzeichnet den revolutionären Aspekt der Informatik und bringt neue Bedenken mit sich.

Es wird heute als wichtig erachtet, dass zukünftige Generationen nicht nur mit operativen Fähigkeiten (digitale Kompetenz) ausgestattet werden, sondern auch mit dem Fachwissen,  dem Verständnis um Zusammenhänge und den praktischen Fertigkeiten aus dem Bereich der Informatik, die neue Denkweisen und Problemlösungen sowohl in der realen Welt als auch in ihrem digitalen Gegenstück hervorbringen. Durch die Befähigung und Teilhabe, die der Informatikunterricht mit sich bringt, und unter Berücksichtigung ihrer sozialen Verantwortung werden die Schüler:innen in der Lage sein, Verbesserungs- und Innovationsmöglichkeiten zu erkennen, und sie werden in der Lage sein, solche Aktivitäten zu ergreifen. Dies ist erforderlich, um Veränderungen herbeizuführen, zur Entwicklung des digitalen Umfelds beizutragen und die Entwicklung einer sicheren, umweltbewussten und gerechten Gesellschaft zu gewährleisten.

In dieser Hinsicht stimmen wir mit der Europäischen Kommission überein, die der informatischen Bildung in der Schule höchste Bedeutung beimisst. Im Digital Education Action Plan 2021-2027 heißt es ausdrücklich:

8 Siehe (DEAP 2020a, p. 13).
 

“Durch den Informatikunterricht in Schulen erwerben junge Menschen ein solides Grundverständnis der digitalen Welt. Der Informatikunterricht von früher Kindheit an kann durch innovative und motivierende Unterrichtsstrategien im formalen, aber auch nichtformalen Rahmen zur Entwicklung von Problemlösungskompetenzen, Kreativität und Kooperationsfähigkeit beitragen. Darüber hinaus kann dadurch das Interesse an MINT-Fächern sowie an damit in Verbindung stehenden künftigen Berufswegen geweckt und es können gleichzeitig Geschlechterstereotypen bekämpft werden. Maßnahmen zur Förderung einer hochwertigen und inklusiven Informatikausbildung können zudem dazu beitragen, dass sich mehr Mädchen für ein IT-bezogenes Studium entscheiden und anschließend in der digitalen Branche oder in digitalen Berufen anderer Wirtschaftszweige arbeiten.”

Es enthält als Maßnahme 10

9 Siehe (DEAP 2020a, p. 15).
 
  einen “Schwerpunkt auf einer inklusiven und hochwertigen Informatikausbildung auf allen Bildungsebenen”, und im Begleitdokument heißt es:
10 Siehe (DEAP 2020b, p. 47, übersetzt).
 

“Informatikunterricht in der Schule ermöglicht jungen Menschen, sich kritisch und handlungsorientiert mit der digitalen Welt auseinanderzusetzen. Wenn er von Anfang an gelehrt wird, kann er Maßnahmen zur digitalen Kompetenz ergänzen. Die Vorteile sind gesellschaftlicher (junge Menschen sollten Gestalter:innen sein und nicht nur passive Nutzer:innen von Technologie), wirtschaftlicher (digitale Fähigkeiten werden in vielen Wirtschaftsbereichen benötigt, um Wachstum und Innovation voranzutreiben) und pädagogischer Natur (informatische und technische Bildung ist nicht nur ein Weg um technische Fähigkeiten zu erlernen, sondern auch um Schlüsselkompetenzen wie kritisches Denken, Problemlösen, Zusammenarbeit und Kreativität zu fördern).”

Inklusion, Vielfalt und Gender bleiben wichtige Themen in der informatischen Bildung. Inklusive Bildung ist ein Grundprinzip, Diversität ist ein Merkmal von Inklusion und die Gleichstellung der Geschlechter ist ein Thema von Diversität.

Es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass Informatikunterricht für alle zugänglich, positiv besetzt und zur Teilhabe befähigend sein muss. Es wurden pädagogische Ansätze entwickelt, die ein vielfältiges Spektrum von Schüler:innen ermutigen und motivieren, und es wurden viele neue Ressourcen geschaffen, um eine inklusive informatische Bildung zu unterstützen. Es hat sich beispielsweise gezeigt, dass kollaboratives Lernen und Physical Computing eine Vielzahl von Schüler:innen bei der Beschäftigung mit Informatik unterstützen. Die Geschlechterfrage ist ein besonderes Anliegen in der Informatik. Die Beschäftigung mit Informatik in einem frühen Alter kann die Selbstwirksamkeit fördern und Geschlechterstereotypisierungen entgegenwirken, bevor sich vorherrschende Ansichten verfestigen. Das Pflichtfach Informatik wirkt einer Ausstiegsneigung von Mädchen entgegen und gibt den Lehrplanentwickler:innen und Lehrer:innen die Aufgabe, einen Lehrplan zu erstellen, der sowohl Mädchen als auch Jungen einbezieht.

Mit diesem Bericht und den damit verbundenen Initiativen der “Informatics for all coalition” hoffen wir, den Fortschritt und die Entwicklung der verpflichtenden informatischen Bildung für alle zu unterstützen, insbesondere von der Primarstufe (auch: Grund- bzw. Volksschule) bis zur Sekundarstufe II.


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3. Ein gemeinsamer Informatik-Referenzrahmen

In Anbetracht dessen, dass Bildung innerhalb Europas eine dezentrale Angelegenheit ist, skizziert dieses Dokument einen gemeinsamen Informatik-Referenzrahmen, der die Gestaltung von Schullehrplänen in Informatik in ganz Europa unterstützen kann. Das Dokument soll die Lehrplanentwicklung in ganz Europa inspirieren und unterstützen. Ziel ist es, Diskussionen und Debatten über Informatikunterricht auf allen Ebenen der Schulbildung anzuregen.

Dies kann als Beginn eines längeren Diskurses angesehen werden; wir wollen weiter mit politischen Entscheidungsträger:innen, Lehrplandesigner:innen, Informatikspezialiste:innen und Praktiker:innen in ganz Europa zusammenarbeiten, um die nächsten Schritte bei der Gestaltung und Umsetzung von Informatik-Lehrplänen informiert gestalten zu können.

Wir plädieren dafür, dass Informatik als Disziplin auf allen Stufen des Schullehrplans vorhanden sein sollte, beginnend früh in der Primarstufe und bis in die Sekundarstufe II fortbestehen bzw. sich weiterentwickeln sollte. Wir schlagen vor, dass der Informatikunterricht für alle Schüler:innen von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe obligatorisch sein sollte und einen ähnlichen Status und Stellenwert wie der (Fremd-)Sprachenunterricht und Mathematik haben sollte. Um diese Vision zu verwirklichen, sind gut ausgebildete Lehrer:innen und Lehrkräftebildner:innen  unerlässlich.

Dieser Informatik-Referenzrahmen stellt den Kern für die Gestaltung eines idealen Informatik-Curriculums dar, aber keineswegs ein Curriculum in seiner Gesamtheit. Der Kern ist als eine Reihe von Kernthemenbereichen mit ihren zugehörigen Praktiken in der Informatik konzipiert, in denen alle Schüler:innen bis zum Ende der Sekundarstufe II kompetent sein sollen.

11 Die Länder verwenden eine Vielzahl von Strukturen zur Beschreibung von Bildungsphasen. Zur Definition von Schulphasen verwenden wir die International Standard Classification of Education (ISCED). ISCED-Stufe 1 wird als „Primarstufe“, Stufe 2 als „ Sekundarstufe I“ und Stufe 3 als „Sekundarstufe II“ bezeichnet. Die Kombination der drei bezeichnen wir als „Allgemeinbildung“.

Mit der Präsentation des Informatik-Referenzrahmens zielt die  “Informatics for all coalition” darauf ab, die europäische Schulinformatik-Bildungsgemeinschaft dabei zu unterstützen, auf aktuelle Bedürfnisse zu reagieren. Unsere Absicht ist es, den an der Lehrplangestaltung Beteiligten zu helfen, Informatik-Lehrpläne zu entwickeln, die alle Schüler:innen der allgemeinbildenden Schule (ca. von 6 bis 18 Jahren) unterstützen und für sie in allen Phasen ihrer Schulbildung attraktiv und ansprechend sind.

Das Dokument ist absichtlich synthetisch und kurz gehalten, um ein Minimum an gemeinsamen Anforderungen auf hoher Ebene bereitzustellen und Raum für die nationalen Gemeinschaften von Kolleg:innen in verschiedenen Ländern zu lassen, um vollwertige Lehrpläne abzuleiten, die sowohl auf ihre Kultur und Bedürfnisse abgestimmt sind als auch mit einer gemeinsamen Europäischen Vision der Informatik kohärent sind.

In jedem Land müssen spezifische Lehrpläne definiert werden, die ihre Traditionen, Sprache, Kultur und besondere Synergien mit der Entwicklung grundlegender digitaler Kompetenzen und dem Einsatz von Informatik in anderen Fächern berücksichtigen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass es wertvoll ist, eine gemeinsame Referenz für das Verständnis bereitzustellen, die in ganz Europa geteilt wird.

Dieses Dokument ist bewusst als Dokument auf hohem Abstraktionsniveau angelegt, das als allgemeiner Bezugsrahmen für die Umsetzung der zweistufigen Strategie für Informatik in der Allgemeinbildung dient.


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4. Der Informatik-Referenzrahmen

4.1 Einführung in den Informatik-Referenzrahmen

Wir stellen eine dauerhafte und flexibel einsetzbare Grundlage zur Unterstützung der Curriculumsgestaltung in unterschiedlichen Bildungssystemen und für unterschiedliche Schularten vor.

Unser Referenzrahmen bietet Schlüsselfunktionen, die es Lehrplanentwickler:innen ermöglichen, spezifische Lehrpläne zu erstellen, die ihren Anforderungen entsprechen.

Er besteht aus Zielen und Zielsetzungen, Kernthemenbereichen und Vorschlägen für Lernziele und wird bewusst prägnant mit generischen und beständigen Begriffen dargestellt, um zeitliche Stabilität zu bieten und bei seiner Umsetzung Platz für lokale Prioritäten zu schaffen. Es beginnt mit einer Beschreibung der allgemeinen Ziele und Zielsetzungen: Was sollte ein konkreter Informatik-Lehrplan für die Schüler:innen bis zum Ende der Sekundarstufe II anstreben?


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4.2 Absichten und Ziele

Wir sind zunehmend von digitalen Artefakten, digitaler Technologie und einer Fülle von Daten umgeben. Es ist wichtig, dass Schüler:innen Kenntnisse und Fähigkeiten entwickeln, die sie in die Lage versetzen, vorhandene digitale Artefakte kompetent zu nutzen sowie Daten und digitale Technologie für persönliche und gesellschaftliche Bedürfnisse zu synthetisieren.

Um dies zu erreichen, müssen die Schüler:innen Einblicke in Aspekte der Informatik in der breiten Gesellschaft gewinnen und Einblicke in bedeutende Anwendungen der Informatik einschließlich ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen und ihrer Relevanz für die Zukunft der Arbeit und des Lebens im Allgemeinen gewinnen, um so das Interesse an neuartigen Anwendungen einschließlich solcher zur Unterstützung anderer Disziplinen zu wecken. Gleichzeitig müssen die Schüler:innen kreative praktische Fähigkeiten entwickeln, die diese Erkenntnisse initiieren, ergänzen und verstärken, insbesondere mit einem Fokus auf die Auswirkungen, die ihre Produkte verursachen könnten.

Der allgemeine Zweck der informatischen Bildung in der Schule wird hier als eine Reihe von fünf allgemeinen Zielen und Zielsetzungen ausgedrückt.

Am Ende der Sekundarstufe II werden die Schüler:innen
  1. Digitale Werkzeuge bewusst, verantwortungsvoll, souverän, kompetent und kreativ nutzen,
  2. Phänomene, Konzepte, Prinzipien und Praktiken der Informatik und die vielfältigen Möglichkeiten, sie anzuwenden, um die Realität zu modellieren, zu interpretieren und mit ihr zu arbeiten, verstehen,
  3. Probleme analysieren, entwerfen, formulieren und lösen, indem sie Darstellungen entwerfen, algorithmische Lösungen entwerfen und diese in einer Programmiersprache implementieren,
  4. Informatische Modelle entwickeln, um natürliche und künstliche Phänomene und Systeme kreativ zu untersuchen, zu verstehen und darüber zu kommunizieren,
  5. Ethische und soziale Probleme im Zusammenhang mit Informatiksystemen und ihrer Verwendung sowie ihre potenziellen Vorteile und Risiken identifizieren, analysieren und diskutieren.

Abbildung 1: Allgemeine Ziele und Zielsetzungen


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4.3 Kernthemen

In diesem Abschnitt stellen wir eine abstrakt beschriebene  und stabile  Menge von Kernthemenbereichen vor, die einen Rahmen für die Spezifizierung der Konzepte, Prinzipien und Praktiken der Informatik in Lehrplänen bieten. Diese Themenbereiche beziehen sich alle auf die oben aufgeführten Ziele und Zwecke und sollten bei der Entwicklung konkreter Lehrpläne mit dieser Liste in Querverweise gebracht werden.

Die Kernthemenbereiche werden bewusst in kompakter Form mit Oberbegriffen und unveränderlichen Begriffen dargestellt. Dies unterstützt die zeitliche Stabilität und die Berücksichtigung lokaler Prioritäten bei der Verwendung des Rahmens zur Gestaltung spezifischer Lehrpläne. Vorgeschlagene Namen sind eher evokativ als präskriptiv, und in bestimmten Lehrplänen können andere Begriffe verwendet werden, die für eine nationale Situation besser geeignet sind. Die Kernthemen sind in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Kernthemen und Kurzbeschreibungen
Kernthemen Beschreibung
Daten und Information Verstehen, wie Daten gesammelt, organisiert, analysiert und verwendet werden, um Information über reale Artefakte und Szenarien zu modellieren, darzustellen und zu visualisieren.
Algorithmen Algorithmen bewerten, spezifizieren, entwickeln und verstehen.
Programmierung Programmiersprachen nutzen, um sich informatisch auszudrücken, indem Sie digitale Artefakte entwickeln, testen und debuggen; verstehen, was eine Programmiersprache ist.
Informatiksysteme Verstehen, was ein Informatiksystem ist, wie seine Bestandteile als Ganzes zusammenarbeiten und welche Grenzen es hat.
Netzwerke und Kommunikation Verstehen, wie Netzwerke es Informatiksystemen ermöglichen, Information über Schnittstellen und Protokolle auszutauschen, und wie Netzwerke Risiken bergen können.
Mensch-Maschine Interaktion Bewerten, spezifizieren, entwickeln und verstehen die Interaktion zwischen Menschen und informatischen Artefakten.
Design und Entwicklung Planen und erstellen von informatischen Artefakten unter Berücksichtigung der Standpunkte verschiedener Interessengruppen sowie kritisches Bewerten der Alternativen und deren Ergebnisse.
Digitale Kreativität Erforschen und verwenden digitaler Werkzeuge, um informatische Artefakte zu entwickeln und zu warten, auch unter Verwendung verschiedener Medien.
Modellierung und Simulation Bewerten, modifizieren, entwerfen, entwickeln und verstehen von Modellen und Simulationen natürlicher und künstlicher Phänomene und deren Entstehung.
Datenschutz und Sicherheit Verstehen von Risiken beim Einsatz digitaler Technologie und wie Personen und Systeme geschützt werden können.
Verantwortung, Befähigung und Teilhabe Kritisches und konstruktives Analysieren konkreter informatischer Artefakte sowie fortschrittlicher und potenziell kontroverser Techniken und Anwendungen der Informatik, insbesondere aus ethischer und gesellschaftlicher Perspektive.

Die Liste der Kernthemen ist keinesfalls als Leitfaden für die Organisation von Lehr- und Lernmaterialien zu verstehen, sondern lediglich als Strukturierung des Rahmens.


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4.4 Zeitgemäßer Kontext und Implikationen

Um den Reichtum und die Relevanz der Themenbereiche zu veranschaulichen, entwickeln wir in diesem Abschnitt eine Diskussion darüber, wie diese Kernthemenbereiche in einem zeitgemäßen Kontext interpretiert und erweitert werden könnten. Der Informatik-Pflichtunterricht soll nicht nur auf die Gegenwart und Zukunft vorbereiten, sondern auch einen spannenden und nützlichen Einblick in die Zusammenhänge der Informatik mit anderen Fächern geben.

Daten und Information.  Daten über Einzelpersonen sowie Daten über die Welt gehören heute zum Alltag und können das Leben der Menschen beeinflussen. Daten können verschiedene Formen annehmen, darunter Text, Multimedia (Ton, Video usw.) und Sensordaten. Digitale Geräte können verwendet werden, um Daten zu einer Vielzahl von Themen (möglicherweise im Laufe der Zeit) zu sammeln. Es ist wichtig, die Qualität der gesammelten Daten sicherzustellen; oft sollten sie sorgfältig geschützt und mit Vorsicht verwendet werden. Die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten über Einzelpersonen sollte stets die Menschenrechte respektieren. Die Analyse zielgerichteter Daten, ob sie nur mit Mechanismen wie Diagrammen oder Grafiken visualisiert oder zur Bereitstellung von Virtual-Reality-Szenarien verwendet werden, kann zu neuen Erkenntnissen oder manchmal zu verbesserten Leistungen in Bereichen wie Wirtschaft oder Medizin führen. In letzter Zeit wurden wichtige Entwicklungen bei der Nutzung riesiger Datenmengen („Big Data“) gemacht, um Fortschritte in den Bereichen maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz und Robotik voranzutreiben. Im Allgemeinen sind mit der Erhebung und Verwendung von Daten wichtige ethische und rechtliche Fragen verbunden. Bei bestimmten Formen von Daten werden Sicherheit, Datenschutz und Vertraulichkeit zu Hauptanliegen.

Die Verfügbarkeit riesiger Mengen digitaler Daten und die erhöhte Rechenleistung von Werkzeugen und Systemen für deren Analyse bietet die Chance, dass Data Science in der interdisziplinären Bildung in vielen Schulfächern eine Rolle spielt. Typischerweise sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Welche Daten sollten für die Erhebung ausgewählt werden? Welche Einheiten sollten zur Messung der Menge und Häufigkeit ihrer Sammlung verwendet werden? Welche Art der Verarbeitung sollte eingesetzt werden? Wer entscheidet über die Art der durchzuführenden Analyse? Um die Qualität des Gesamtprozesses zu sichern, gehen diese wichtigen Fragen Hand in Hand, um den Schüler:innen zu ermöglichen, eine „Datenachtsamkeit“ zu entwickeln, die in Zukunft immer wichtiger werden wird, um die Entwicklung und den Fortschritt der Gesellschaft zu unterstützen.

Algorithmen und Programmierung. Die Kombination der Konzepte Programmierung, Algorithmen und Programmiersprachen unterstützt die Softwareentwicklung. In diesem Bereich geht es um die Erstellung von informatischen Strukturen - wie etwa eine Sequenz von Anweisungen - , die auf Computern ausgeführt werden können. Dies ist im Wesentlichen eine kreative Aktivität, die mit einem angemessenen Bezug zu Design und Konzepten der Mensch-Maschine-Schnittstellen der Entwicklung aller Software zugrunde liegt, die auf den heutigen Computern läuft. Die Aktivität erleichtert auch die Umsetzung neuer Ideen und neuer Möglichkeiten, die zu Innovationen führen können.

Informatiksysteme. Informatiksysteme existieren als unverzichtbare Komponenten vieler Geräte: Mobiltelefone und Smartphones, Roboter, Herzschrittmacher, medizinische Sensoren, Flugzeugbau und -betrieb, autonome Fahrzeuge usw. Sie unterstützen in bedeutender Weise Dienstleistungen und Produktion. Die Anforderungen an solche Systeme sind sehr unterschiedlich und wirken sich auf alle Aspekte der Systeme aus, einschließlich ihrer Hardware und Software, ihrer Konnektivität, ihrer Zuverlässigkeit, der Sicherheit, die sie bieten, und ob die Systeme „intelligent“ sind

12 Mit „intelligent“ meinen wir Verhalten, das als intelligent angesehen würde, wenn es von Menschen gezeigt würde.
 
. Dieses Thema sollte den Schüler:innen die Möglichkeit bieten, eine Reihe von Informatiksystemen zu erkunden und die Auswirkungen der Anwendung von Anforderungen auf ihre Struktur und Funktionalität zu identifizieren.

Eine neuere und leistungsfähigere Version von Informatiksystemen basiert auf der sogenannten künstlichen Intelligenz (KI), einem breit gefächerten Gebiet, dessen Erforschung viele der Kernthemen der Informatik berührt und das seit den 1950er Jahren Teil dieser Disziplin ist. Aufgrund ihrer jüngsten rasanten Entwicklungen, die durch das maschinelle Lernen vorangetrieben und durch die riesigen Datenmengen, die heute zur Verfügung stehen, erleichtert werden, gilt sie heute als ein grundlegendes Thema mit dem Potenzial, wirtschaftliche und andere Entwicklungen voranzutreiben. Darüber hinaus ist der Bereich der KI auch voller philosophischer Fragen: z.B. wie weit sollte KI entwickelt werden (wenn überhaupt), ob KI in ihren Anwendungsbereichen eingeschränkt werden sollte, und wie Entscheidungen, die von komplexen KI-Systemen getroffen werden, erklärbar gemacht werden können. Daher ist es wichtig, dass die Schüler:innen Konzepte und verschiedene Ansätze zur Entwicklung von KI verstehen, Vergleiche zwischen KI und menschlicher Intelligenz anstellen und Anwendungen von KI in der realen Welt einschließlich der Vorteile, Grenzen und Auswirkungen auf die Gesellschaft erkennen.

Experimente mit einfachen KI-Anwendungen, die maschinelles Lernen (ML) beinhalten, könnten ein solches Verständnis erleichtern. ML-Techniken ermöglichen es Informatiksystemen, ihr Verhalten als Ergebnis ihrer Interaktion mit der Umgebung anzupassen – so haben sie zum Beispiel deutlich sichtbare Ergebnisse beim Einsatz in Spielen erzielt. Sie haben Fortschritte gemacht, um Computer in die Lage zu versetzen, mit den Fähigkeiten des Menschen bei noch anspruchsvolleren, mehrdeutigen und hochqualifizierten Aufgaben mit umfangreichen „realen“ Anwendungen mithalten zu können, wie z. B. Erkennen von Bildern, Verstehen von Sprache und Analysieren von Röntgenbildern. Heutzutage sind solche auf maschinellem Lernen basierenden Informatiksysteme in der Lage, Aktivitäten zuverlässig auszuführen, die zuvor nur von Menschen durchgeführt wurden und durchführbar waren. Sie können daher verwendet werden, um die menschliche Entscheidungsfindung zu erweitern und sie in einigen Fällen durch vollständig autonome Systeme zu ersetzen, wobei letztere besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich ihrer technischen, ethischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und bildungsbezogenen Konsequenzen erfordern.

Netzwerke und Kommunikation. Das Internet ermöglicht die Suche nach Information in vielfältiger Form, über viele Einrichtungen hinweg durch den Einsatz von Suchmaschinen. Es bietet Zugriff auf das World Wide Web, das riesige Mengen an Information enthält, einschließlich solcher in Multimedia- und Hypertextformaten. Netzwerke ermöglichen Informatiksystemen, miteinander zu kommunizieren. Diese Netzwerke können privat sein und sich innerhalb einer Organisation befinden. Sie können jedoch auch öffentlich, akademisch, staatlich usw. sein. Ein sehr wichtiger Aspekt von Netzwerken und Kommunikation betrifft die Cybersicherheit. Die Schüler:innen können über verwandte ethische Fragen lernen, aber auch über einfache Möglichkeiten zum Schutz von Nachrichten, von denen viele aus einer historischen Perspektive auf das Knacken von Codes stammen. Darüber hinaus stellen soziale Medien eine wichtige Menge an Kommunikationskanälen dar, die beispielsweise das Online-Lernen unterstützen können.

Mensch-Maschine-Interaktion. Die Schnittstelle zwischen dem Computer und den Menschen ist entscheidend für die Benutzbarkeit von Systemen. Unterschiedliche Nutzungsformen führen zu unterschiedlichen Anforderungen, zum Beispiel Nutzung zu Anzeigezwecken, Nutzung zur Unterhaltung, auch in Spielen, Teilnahme an Gruppensitzungen über Videokonferenzsysteme und Nutzung zu Lern- und Bildungszwecken. Bei der Berücksichtigung von Schnittstellen für Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Behinderungen, wie Farbenblindheit, Taubheit usw. treten besondere Probleme auf. Im Allgemeinen ist bei der Bestimmung eines optimalen Ansatzes ein disziplinierter Testansatz erforderlich, und dies erfordert eine sorgfältig ausgewählte Reihe von Metriken im Zusammenhang mit der Bewertung der Erfahrung und Effektivität der Mensch-Maschine-Schnittstelle.

Ein zunehmend wichtiges Anwendungsgebiet, sowohl für soziale Beziehungen als auch für die Unterhaltung, das sehr schnellen technologiegetriebenen Veränderungen unterliegt, ist die Computergrafik. Der Begriff wird üblicherweise verwendet, um die computerbasierte Erzeugung und -manipulation von Bildern zu beschreiben. Ihre Anwendungen umfassen Zeichentrickfilme, Filmspezialeffekte, Videospiele, medizinische Bildgebung, Ingenieurswissenschaften, aber auch die Visualisierung von wissenschaftlichen Daten, Information, und (abgeleitetem) Wissen. In jüngster Zeit gab es einen Boom bei Virtual-Reality-Geräten für den privaten Gebrauch, bei denen Benutzer:innen in hochrealistische computergenerierte 3D-Szenarien eintauchen, teils sogar mit haptischem Feedback. Augmented-Reality-Möglichkeiten sind verwandt und bieten Unterstützung in vielen Bereichen, z. B. im Gesundheitswesen. Dies macht sie zumindest auf der Ebene des Bewusstseins für technische Möglichkeiten und gesellschaftliche Auswirkungen, aber auch aufgrund ihrer Verbindungen zu Mathematik, Physik und anderen Naturwissenschaften zu einem hochinteressanten Bereich für die schulische Bildung.

Design, Entwicklung und digitale Kreativität. Dieses Thema betrifft die Fähigkeit, Informatik auf kreative und gestalterisch offene Weise zu nutzen. Software wird durch Designprozesse gestaltet, die kritische Entscheidungsfindung beinhalten. Die Schüler:innen sollten lernen, Software unter Berücksichtigung der Standpunkte der Interessengruppen kreativ zu entwickeln, und sie sollten lernen, die Auswirkungen von Software und digitalen Artefakten im Allgemeinen zu analysieren und zu verstehen.

Modellierung und Simulation. Informatische Modellierung ist ein idealer Weg, um Einblicke in Phänomene und dynamische Systeme in einem Bereich (z. B. natürliche, soziale, wirtschaftliche, technische oder kulturelle Systeme) zu gewinnen. Sie bietet auch Möglichkeiten, Designs und alternative Lösungen für Probleme zu untersuchen. Ganz allgemein haben informatische Bildung und Modellierung das Potenzial, Triebkräfte für die Erneuerung und Innovation anderer Schulfächer zu werden.

Simulatoren spielen eine wichtige Rolle beim Ermöglichen von Ausbildung oder Exploration in Situationen, die gefährlich oder außerordentlich teuer sind, z. B. Flug- oder Weltraumsimulatoren. Wichtige Entwicklungen auf diesem Gebiet betreffen die Schaffung „intelligenter“ Systeme. Bereits in einer frühen Phase des Informatikunterrichts können Schüler:innen Simulatoren in unterschiedlichen Kontexten zur Unterstützung ihres Lernens einsetzen.

Dieses Thema bietet auch die Möglichkeit, die Bedeutung der Abstraktion zu betonen und sich ihrer Vorteile, aber auch der Grenzen von (Computer-)Modellen bewusst zu sein.

Datenschutz und Sicherheit. Der Schutz personenbezogener Daten im beruflichen und privaten Bereich ist ein Thema, das eng mit der Gewährleistung der Sicherheit von Organisationen und Einzelpersonen verknüpft ist. Es ist von enormer Bedeutung in der heutigen Gesellschaft, in der die meisten Daten jetzt in digitaler Form vorliegen und in der immer mehr Interaktionen durch digitale Geräte unterstützt werden. Die Diskussion darüber, wie ein Gleichgewicht zwischen den beiden Zielen erreicht werden kann, bietet eine weitere Gelegenheit, darüber zu diskutieren, wie die Informatik wirksame Werkzeuge und Techniken bereitstellen kann, um die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit sozialer Beziehungen zu unterstützen.

Außerdem ist es von größter Bedeutung, die Aufmerksamkeit von Kindern schon in jungen Jahren auf bestimmte ethische Fragen und den Schutz ihres “digitalen Zwillings” zu lenken, um ihr Bewusstsein in diesem schwierigen Bereich zu schärfen.

Bildung spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die mit der Verwaltung digitaler Daten und Systeme verbundenen Risiken zu verstehen und zu helfen, wie Nutzungs- und Verhaltensrichtlinien dazu beitragen können, diese zu mindern und eine höhere Sicherheit und das Wohlergehen von Menschen und Organisationen zu gewährleisten.

Verantwortung, Befähigung und Teilhabe. Die Erforschung einer Reihe von Anwendungen, die einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft hatten (insbesondere auf die Änderung von Verhaltensweisen oder sozialen Mustern), bietet eine Gelegenheit zur Diskussion über ethische Fragen. Letztere wurden in allgemein anerkannten Ethikkodizes identifiziert (wie den von ACM entwickelten ACM

13 ACM Code of Ethics and Professional Conduct
 
oder IFIP
14 IFIP Code of Ethics
 
).  Fragen zu sozialen Belangen und Auswirkungen können desweiteren angegangen werden, indem die Entwicklung „intelligenter“ Systeme beleuchtet wird. Entwicklungen wie der Einsatz intelligenter persönlicher Assistenten, die zunehmende Rolle der Robotik und das Aufkommen autonomer Fahrzeuge unterliegen nicht nur einem ständigen Wandel, sondern werfen auch weitere ethische Fragen auf und verdeutlichen wichtige gesellschaftliche Zukunftssorgen.

Befähigung und Teilhabe beinhalten auch die Fähigkeit, digitale Artefakte durch ein kritisches, reflexives und konstruktives Hinterfragen und Verstehen von Konsequenzen und deren Möglichkeiten ziel- und nutzungsorientiert zu analysieren und zu bewerten. Dieser Reflexions- und Analyseprozess für digitale Artefakte entspricht einer Literaturanalyse für Romane, jedoch mit der zusätzlichen Komponente des Perpektivenwechsels und der Neugestaltung. Grundlage dieses Prozesses ist die Erkenntnis, dass digitale Artefakte von Menschen gemacht sind und anders hätten gestaltet werden können, wenn andere Perspektiven eingenommen worden wären.

Eine besondere Art von Anwendung, die erhebliche soziale Auswirkungen hatte, sind soziale Netzwerke, die heute eine primäre Infrastruktur bilden, über die Menschen interagieren. Die Vermittlung sozialer Beziehungen durch sie bietet Nutzenpotenziale, die weit entfernte Menschen in größerer Zahl verbinden und Vorteile bieten, z. B. in der Bildung, in der beruflichen Entwicklung und in vielfältiger Weise. Sie können aber auch Schaden anrichten, z.B. durch die Manipulation der öffentlichen Meinung, die Schaffung einer Trennung von Ideen und die Umwandlung von Menschen in Produkte. Das Bewusstsein dafür, wie dies mithilfe von Informatiksystemen geschehen kann, und die Stärkung des kritischen Denkens sind wichtige Elemente, die in der Schulbildung entwickelt werden müssen.

Unabhängig davon, ob sie von KI-basierten Systemen angetrieben werden oder nicht, stellen automatisierte Entscheidungsfindungssysteme (manchmal auch als Bots bezeichnet), die Entscheidungen auf rein technologischem Wege ohne menschliche Beteiligung oder Interpretation treffen, zunehmende Herausforderungen an Bildung und Gesellschaft. Sie haben das Potenzial, sowohl erhebliche Vorteile als auch tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Veränderungen in großem Umfang zu bewirken, einschließlich der Beeinträchtigung des Lebens und der Lebensgrundlagen von Einzelpersonen. Es ist wichtig, Fälle des automatischen Verhaltens von Informatiksystemen zu kennen und zu erkennen, ebenso wie die Fähigkeit, ihre jüngsten Fortschritte in Anwendungsbereichen wie Gesundheitswesen, Robotik, Profilerstellung und Meinungsbildung zu proben. Daraus ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten und eine Diskussion über die Zukunft von Bildung, Arbeit und Privatleben.

Halb- oder vollautonome Maschinen,  Robotiksysteme, können Menschen helfen und unterstützen oder ersetzen und deren Handlungen nachahmen, insbesondere wenn das Betriebsszenario für Menschen gefährlich ist. In der Schulbildung bieten sie sowohl einen Kontext, um abstrakte Konzepte der Informatik zu konkretisieren, als auch eine Möglichkeit, die Informatik mit anderen Wissenschaften und Technologien zu verbinden.


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4.5 Beispiele für Ergebnisse

Dieser Abschnitt stellt zusammen mit Anhang A.2 eine kleine Reihe von Beispielen für Lernergebnisse auf hohem Niveau vor, die für einen Referenzrahmen geeignet sind. Sie dienen nur der Veranschaulichung, um zu zeigen, wie dieser Rahmen in einem umfassenderen Lehrplan weiterentwickelt werden könnte. Sie sollen nicht verbindlich sein, da jedes Land/jede Region seine eigenen Lehrpläne gemäß den Anforderungen und Zwängen seines Schulsystems entwerfen muss. Uns ist bewusst, dass sie nicht umfassend sind, und dass verschiedene nationale Gemeinschaften und verschiedene Lehrplanentwickler:innen bei einigen von ihnen möglicherweise anderer Meinung sind und andere hinzufügen müssten. Diese sollen das Denken und Handeln von Lehrplangestalter:innen anregen.

Die Primarschulbildung sollte sich darauf konzentrieren, die Schüler:innen zu ermutigen, grundlegende Konzepte der Informatik (ausgehend von informatischen Phänomenen, die direkt mit Informatiksystemen verbunden sind, bis hin zu den indirekt verbundenen Phänomenen) in ihrem Alltag zu „erforschen“, „Fragen zu stellen“ und Lösungen zu entwickeln mit einfachen Werkzeugen und Methoden der Informatik. Sie sollten sowohl mit „plugged“- (unter Verwendung von Geräten) als auch mit „unplugged“-Aktivitäten (ohne den Einsatz digitaler Technologien zur Entwicklung eines konzeptionellen Verständnisses) verbunden werden.

Während die Schüler:innen die Sekundarstufe I durchlaufen, sollten sie selbst mehr über Konzepte lernen (d.h.informatische  Phänomene unabhängig von ihrer Verbindung zu einem Informatiksystem betrachten). Auf diese Weise sollten sie darin unterrichtet werden, abstraktes Denken zu entwickeln, auf Anforderungen zu achten und sollten in fächerübergreifende Aktivitäten einbezogen werden, die darauf abzielen, ihre breitere informatische Kreativität und ihr Verständnis zu fördern.

In der Sekundarstufe II sollen die Schüler:innen zu einem vertieften Verständnis der Kernthemen gelangen und eine Arbeitsweise in der Modellierung einfacher realer Szenarien entwickeln, während sie Lösungen auf der Grundlage von Konzepten der Informatik entwerfen und entwickeln. Sie sollten auch damit verbundene ethische Bedenken berücksichtigen und sich des Potenzials der Informatik bewusst sein, zukünftige Beiträge (einschließlich einiger zu anderen Disziplinen) zu untermauern.

Anhang A.2 enthält eine begrenzte Auswahl spezifischer Beispiele für Lernergebnisindikatoren, die für einen Referenzrahmen geeignet sind. Die Ergebnisse werden auf 3 Ebenen angegeben: Primarstufe (P), Sekundarstufe I (SI) und Sekundarstufe II (SII). Die Struktur im Anhang A.2 spiegelt die in den Kernthemen (Abschnitt 4.3) vorgegebene Struktur wider. In einem bestimmten Lehrplandesign können Lernergebnisse und -ziele durchaus unterschiedlich beschrieben werden.


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5. Schlussbemerkung

Es ist zu hoffen, dass dieser Rahmen im Laufe der Zeit weiterentwickelt wird und zu mehr Forschung bei der Verfeinerung von Ideen, ihrer Präsentation und dem Gedankenaustausch mit der Informatik-Bildungsgemeinschaft führt.

Die Rolle von Lehrkräften, die inspirieren, Einsichten haben und Entwicklungen gestalten können, ist entscheidend.

Diese Angelegenheiten werden von einer verstärkten öffentlichen Diskussion sowie von Unterstützung in all ihren Formen profitieren.


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Anhänge

A.1 Die Disziplin Informatik

Die Informatik ist eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin, die sich durch eigene Konzepte, Methoden, Wissensbestände und offene Fragestellungen auszeichnet. Sie kann zusammenfassend als die Wissenschaft der automatisierten Verarbeitung von Darstellungen beschrieben werden. Sie umfasst die Grundlagen von informatischen Strukturen, Prozessen, Artefakten und Systemen sowie deren Softwaredesign, ihre Anwendungen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Durch die digitale Darstellung von Objekten der realen Welt trägt sie zum Verständnis von Modellierungsprozessen und deren Manipulation bei.

Der informatische Zugang über Probleme und deren Lösungen nachzudenken ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis unserer heutigen und zukünftigen digitalen Gesellschaft, ihrer Vorteile, Grenzen und Gefahren. Indem es kognitive Prozesse des Menschen unterstützt und seine Kommunikation vermittelt, kann es das menschliche Leben und die sozialen Beziehungen grundlegend beeinflussen.

Daher ist es wichtig, in einer kurzen Beschreibung der Disziplin sowohl nach innen  (d. h. Fokussierung auf die Disziplin) als auch nach außen gerichtete (d. h. Fokussierung auf die Auswirkungen der Disziplin) Aspekte der Informatik aufzulisten.

Im Folgenden listen wir ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige davon auf, wobei wir mit „Informatiksystem“ jedes System bezeichnen, das eine automatisierte Verarbeitung von Darstellungen (insbes. in Form von Daten) durchführt.

Einige grundlegende Aspekte der Informatik

Nach innen gerichtete Aspekte
  1. In einem Informatiksystem ist die Prozessorkomponente in der Lage, jede gegebene Anweisung ihrer Programmiersprache, die eine künstliche Sprache ist, die aus einem kleinen Satz von Anweisungen besteht, automatisch auszuführen.
  2. Ein Informatiksystem verarbeitet Darstellungen gemäß der Folge von Anweisungen (Programm), die Algorithmen in Begriffen seiner Programmiersprache ausdrücken. Ein Programm ist auch eine Darstellung, die als solche von einem Informatiksystem verarbeitet werden kann.
  3. Während alle Informatiksysteme in Bezug auf ihre Verarbeitungsmöglichkeiten gleichwertig sind, können sie sich hinsichtlich vieler qualitativer und quantitativer Kriterien unterscheiden. Und für einige Aufgaben wird es niemals ein Informatiksystem geben, das in der Lage ist, diese zu erfüllen.
  4. Informatiksysteme können bei Verarbeitungsaufgaben zusammenarbeiten und Darstellungen (Daten) austauschen. Dazu brauchen sie eine gemeinsame Sprache, gemeinsame Konventionen (Protokolle) und Schnittstellen.
Nach außen gerichtete Aspekte
  1. Entscheidungen darüber, welche Information dargestellt und wie sie verarbeitet wird, sind entscheidende Schritte bei der Entwicklung eines jeden Informatiksystems.
  2. Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität von Darstellungen sind wesentlich für die zuverlässige Verwendung eines Informatiksystems durch Menschen. Im Allgemeinen ist der Schutz von Daten sowohl innerhalb eines Informatiksystems als auch beim Austausch mit anderen Systemen entscheidend.
  3. Informatiksysteme können auf viele Arten entworfen werden, was dazu führt, dass sie das menschliche und soziale Leben auf unterschiedliche Weise beeinflussen, wenn in ihnen die eigenen Ansichten, Annahmen und Vorurteile der Designer:innen eingeschrieben sind.


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A.2 Indikatoren der Lernergebnisse

In diesem Anhang listen wir eine begrenzte Anzahl von Beispielen für Indikatoren der Lernergebnisse für jeden Themenbereich des Referenzrahmens auf (Tabelle 1 in Abschnitt 4.3). Sie sind nicht als Vorschrift gedacht und dienen nur der Veranschaulichung, um ein Beispiel für die ersten Schritte der Entwicklung des Rahmens in einem klarer gegliederten Lehrplan zu zeigen und das Denken und Handeln von Lehrplangestalter:innen anzuregen. Bestimmte Länder werden ihren eigenen Weg gehen, um ihre eigenen Lehrpläne gemäß den Anforderungen und Vorgaben ihres spezifischen Schulsystems zu definieren.

Daten und Information
  • P. Anhand anschaulicher Beispiele Möglichkeiten identifizieren, wie Computer Daten erfassen können, auch automatisiert, und angeben, wie diese Daten gespeichert werden können.
  • Daten in verschiedenen Formen visualisieren und veranschaulichen, wie dies verwendet werden kann, um aus den Daten Schlussfolgerungen zu ziehen.
  • SI. Eine Reihe von Möglichkeiten identifizieren, auf Daten zuzugreifen und diese zu verarbeiten oder zu manipulieren, insbesondere so, dass sie effektiver genutzt, z. B. durchsucht werden können.
  • Merkmale hochwertiger Daten beschreiben. Eine Reihe ethischer Probleme identifizieren, die mit der Datenerhebung verbunden sein können, wie z. B. Vorurteile.
  • SII. Die Notwendigkeit der Sicherung von Daten unter bestimmten Umständen beschreiben und erläutern, wie dieser Schutz durch Backup-Möglichkeiten gewährleistet werden kann.
  • Ethische Fragen benennen, die im Zusammenhang mit der Datenerhebung auftreten, und Wege zur Durchsetzung der Einhaltung ethischer Grundsätze aufzeigen.
Algorithmen
  • P. Eine Reihe von Kontexten, in denen Anweisungsfolgen entworfen und im Alltag befolgt werden, identifizieren und Anweisungsfolgen für alltägliche Ereignisse formulieren.
  • Eine gegebene (für die Schüler:innen) sinnvolle Folge von Anweisungen, die ein Computer ausführen kann, so abändern, dass die Anweisungen weiterhin ausgeführt werden können und sinnvoll sind; eine kurze Beschreibung der Funktionsweise erstellen.
  • SI. Anforderungen für einfache Algorithmen benennen, Algorithmen entwickeln und in der Lage sein, einen Algorithmus zu prüfen, um sicherzustellen, dass er seinen Zweck erfüllt.
  • Argumente angeben, um zu entscheiden, ob ein Algorithmus einem anderen vorzuziehen ist, der das gleiche Problem löst.
  • SII. Vertrautheit mit einer Reihe einfacher Algorithmen zeigen, Abstraktion verwenden, um einfache Algorithmen zu kombinieren oder zu verallgemeinern, um komplexere Probleme zu lösen.
  • Algorithmen hinsichtlich quantitativer und qualitativer Maßgaben (z. B. Effizienz und Korrektheit) bewerten.
Programmierung
    P. Einfache Programme entwerfen, erstellen, testen und bewerten. Bestimmen, ob sie wie beabsichtigt ausgeführt werden (Die Programme können die Verwendung von Bedingungen und Schleifen beinhalten.)
  • Fehler in einfachen Programmen erkennen und diese beheben.
  • SI. Programme entwerfen, erstellen, testen und bewerten, die die Verwendung einfacher Algorithmen beinhalten, evtl. auf Daten von einem Sensor zugreifen oder Daten aus einer Datei lesen.
  • Sicherstellen, dass sowohl Programme als auch ihre Spezifikationen einfach und leicht verständlich sowie konsistent sind; eine Strategie verwenden, die die Problemlösung unterstützt, und diese umsetzen.
  • SII. Routinen schreiben, um spezifische Probleme zu lösen, und  die Fähigkeit zeigen, Routinen in selbst erstellten Programmen zu verwenden.
  • Dekomposition verwenden, um Programme modular zu strukturieren.
Informatiksysteme
    P. Verschiedene Arten der Ein- und Ausgabe von Informatiksystemen vergleichen und diskutieren.
  • Konzeptionelle Kenntnisse der wichtigsten Hardware und Systemsoftware eines typischen Informatiksystems zeigen, diese als solche benennen und deren Zweck beschreiben.
  • SI. Eine Reihe von Geräten (einschließlich Sensoren, Aktuatoren, Monitoren) vergleichen, die von Informatiksystemen verwendet werden können, und deren Verwendungsmöglichkeiten aufzeigen.
  • Die wichtigsten Hardware- und Softwarekomponenten eines Informatiksystems identifizieren und beschreiben, wie sie strukturell und funktional zusammenhängen.
  • SII. Das Spektrum an Software und Hardware klassifizieren und beschreiben, die in einem bestimmten Informatiksystem vorhanden sein kann.
  • Die Rolle von Informatiksystemen, einschließlich eingebetteter Systeme, verstehen, die sie in der Gesellschaft einnehmen, und wie sie Verhalten und Entscheidungen beeinflussen können.
Netzwerke und Kommunikation
  • P. Zwischen dem Internet und dem World Wide Web unterscheiden.
  • Suchmaschinen zum Abrufen von Information verschiedener Art verwenden.
  • SI. Erklären, wie Daten in Netzwerken übertragen werden.
  • Sicherheitsprobleme im Zusammenhang mit Netzwerken identifizieren und erklären, wie Information in Netzwerken geschützt werden kann.
  • SII. Das Konzept von Protokollen und ihre Rolle bei der Kommunikation über ein Netzwerk erklären.
  • Ein konzeptionelles Verständnis von mehrschichtigen Netzwerksysteme zeigen.
Mensch-Computer-Interaktion
  • P. Eine Reihe von Möglichkeiten, wie Menschen mit Informatiksystemen  interagieren können, vergleichen und diskutieren.
  • Möglichkeiten zur Verbesserung der Benutzeroberfläche bekannter Software (einschließlich Bildungssoftware und Spielen) identifizieren.
  • SI. Anhand von Beispielen die Unterschiede zwischen Benutzeroberflächen für Anfänger:innen und solchen für Expert:innen erklären.
  • Funktionen von Software identifizieren, die sich für Personen mit besonderen Förderbedürfnissen oder Behinderungen als problematisch erweisen könnten.
  • SII. Eine Benutzeroberfläche kritisch überprüfen.
  • Bewertung von Schnittstellen hinsichtlich der Nutzung durch Personen mit sonderpädagogischen Förderbedarf oder Behinderungen und Situationen, die von der Verwendung von mehr als einer Zugangsart profitieren würden.
Design und Entwurf
  • P. Iterativ einfache digitale Artefakte entwerfen.
  • Ein vorhandenes Design ändern, um Alternativen zu erkunden.
  • SI. Allgemeine Designprinzipien durch eine Analyse digitaler Artefakte veranschaulichen und präsentieren.
  • Digitale Artefakte im Hinblick auf Inklusion und Diversität analysieren und diskutieren.
  • SII. Gestaltungsprinzipien beurteilen, die sich je nach Benutzereigenschaften unterscheiden. Zusätzlich Prinzipien herausstellen, die unabhängig von Benutzermerkmalen sind.
  • Prinzipien des inkrementellen und iterativen Designs anwenden, um neue und nützliche digitale Artefakte zu gestalten und zu entwickeln.
Digitale Kreativität
  • P. Mögliche Lösungen für einfache Probleme vorschlagen, die durch Programmieren lösbar sein könnten, und diese diskutieren.
  • Einfache digitale Artefakte erstellen und  vorhandene digitale Artefakte zu etwas Neuem kombinieren.
  • SI. Szenarien identifizieren, in denen Programmierung oder andere computerbasierte Tools nützlich sind. Lösungen entwerfen und deren Vor- und Nachteile vergleichen.
  • Eigenen Ideen durch den Einsatz von Programmier- oder anderen computergestützten Werkzeugen ausdrücken.
  • SII. Digitale Werkzeuge kombinieren, um interaktive digitale Artefakte zu entwerfen und zu realisieren.
  • Die Ausdrucksmöglichkeiten von informatischen Werkzeugen erforschen und reflektieren.
Modellierung und Simulation
  • P. Simulatoren verwenden, um einige Aspekte der realen Welt zu modellieren, und  Vorteile und Grenzen von Simulationen diskutieren.
  • Ein durch ein einfaches Programm modelliertes Szenario beschreiben und das Programm an neue Aspekte des Szenarios anpassen.
  • SI. Modelle oder Simulationen verwenden, modifizieren und erstellen, um Szenarien aus der realen Welt auf der Grundlage eigener Beobachtungen oder Kenntnisse aus anderen Schulfächern zu erkunden.
  • Den statischen und dynamischen Zusammenhang zwischen Modell und Szenario beschreiben und Beispiele für Grenzen des Modells nennen.
  • SII. Chancen und Gefahren fortgeschrittener Simulationen (z. B. basierend auf Virtual Reality oder Augmented Reality) diskutieren und charakterisieren.
  • Informatische Modelle von Szenarien erstellen und diese verwenden, um Vorhersagen und Implikationen zu treffen und Grenzen des Modells zu bewerten.
Datenschutz und Sicherheit
  • P. Fragen hinsichtlich der Datensicherheit und des Datenschutzes diskutieren.
  • Ein Bewusstsein für Datensicherheit und Datenschutz bei der Verwendung digitaler Tools zeigen.
  • SI. Grundlegende Maßnahmen identifizieren und umsetzen, um die Sicherheit und Vertraulichkeit von Information zu gewährleisten (z. B. in Bezug auf Passwörter und deren Verwaltung).
  • Informatiksysteme vor Viren und anderen Formen von Malware schützen.
  • SII. Veranschaulichen, wie Verletzungen der Datensicherheit und Privatsphäre die Sicherheit gefährden können.
  • Schwierigkeiten veranschaulichen, die sich aus der Existenz unterschiedlicher Rechtssysteme und unterschiedlicher Kulturen bei der Bereitstellung von Richtlinien zur Computernutzung und zum Verhalten ergeben.
Verantwortung, Befähigung und Teilhabe
  • P. Nutzen und Gefahren der Nutzung des Internets erläutern.
  • Ethische Prinzipien, die bei der Verwendung digitaler Tools anzuwenden sind, identifizieren und beschreiben.
  • SI. Anhand von Beispielen die Vorteile, aber auch die Gefahren sozialer Netzwerke erklären. Sozial und ethisch vertretbare Möglichkeiten der Nutzung digitaler Tools identifizieren.
  • Implikationen digitaler Artefakte für die persönliche und allgemeine Praxis in konkreten Situationen kritisch reflektieren.
  • SII. Anhand von Beispielen ethisch akzeptable Verwendungen (z. B. Urheberrecht und Plagiat) von im Internet gefundener Information erklären.
  • Zusammenhänge zwischen Zweck, Intentionalität und Nutzungsmöglichkeiten digitaler Artefakte sowie deren Auswirkungen auf Individuen, Gemeinschaften und Gesellschaft analysieren und charakterisieren.


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Verweise

Caspersen, M.E., Gal-Ezer, J., McGettrick, A. & Nardelli, E. (2018). Informatics for All: The Strategy. The Informatics for All Committee by ACM Europe and Informatics Europe.

Caspersen, M.E., Gal-Ezer, J., McGettrick, A.D. & Nardelli, E. (2019). Informatics as a Fundamental Discipline for the 21st Century. Communications of the ACM 62 (4), pp. 58-63.

DEAP (2020a). Digital Education Action Plan 2021-2027 – Resetting education and training for the digital age. European Commission.

DEAP (2020b). Digital Education Action Plan 2021-2027 – Resetting education and training for the digital age. Commission staff working document. European Commission.

White House (2016). Computer Science For All, The White House. Accessed 12th December 2021.


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Die “Informatics for all coalition”

Die “Informatics for all coalition” ist eine Vereinigung, die sich zum Ziel gesetzt hat, Informatik als grundlegendes Fach für alle Schüler:innen zu etablieren. Die Informatik sollte als ebenso wichtig angesehen werden wie die Mathematik, die Naturwissenschaften und die verschiedenen Sprachen. Sie sollte von allen als ein wirklich grundlegendes Fach anerkannt werden, das eine wichtige Rolle in der Bildung des 21. Jahrhunderts spielt.

Sie besteht derzeit aus den folgenden Organisationen:

Das ACM Europe Council zielt darauf ab, das Niveau und die Sichtbarkeit der Aktivitäten der Association for Computing Machinery (ACM) in Europa zu erhöhen. Dieser Rat setzt sich aus europäischen Informatiker:innen zusammen, die sich für die Förderung der Sichtbarkeit und Relevanz der ACM in Europa einsetzen. Er konzentriert sich auf ein breites Spektrum europäischer ACM-Aktivitäten, darunter die Organisation und Ausrichtung hochwertiger ACM-Konferenzen, die Ausweitung von ACM-Gliederungen, die Verbesserung der Informatikausbildung und die Förderung einer stärkeren Beteiligung von Europäer:innen in allen Bereichen der ACM.
CEPIS ist das repräsentative Gremium der nationalen Informatikverbände im Großraum Europa. CEPIS wurde 1989 von neun europäischen Informatikverbänden gegründet und vertritt inzwischen über 450.000 IKT- und Informatikfachleute in 29 Ländern. CEPIS fördert die Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa. Sein Hauptaugenmerk liegt auf der Förderung und Entwicklung von IT-Fertigkeiten und informatischen Kompetenzen in ganz Europa. CEPIS ist unter anderem für das ECDL-Programm verantwortlich und erstellt eine Reihe von Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen im Bereich der Kompetenzen.
Informatics Europe vertritt die Hochschul- und Forschungsgemeinschaft der Informatik in Europa. Sie bringt Universitätsfakultäten und Forschungsinstitute zusammen und formt eine starke gemeinsame Stimme, um die Qualität von Forschung und Ausbildung in der Informatik in Europa zu sichern und zu gestalten. Mit über 160 Mitgliedsinstitutionen in 33 Ländern fördert Informatics Europe gemeinsame Positionen und setzt gemeinsame Prioritäten in den Bereichen Bildung, Forschung, Wissenstransfer und soziale Auswirkungen der Informatik.
IFIP wurde 1960 unter der Schirmherrschaft der UNESCO als Verband von Gesellschaften gegründet, die sich mit der Informationsverarbeitung beschäftigen. Die IFIP verfolgt zwei Ziele: die Unterstützung der Informationsverarbeitung in den Ländern ihrer Mitglieder und die Förderung des Technologietransfers in Entwicklungsländer. In ihrer Aufgabenbeschreibung heißt es: Die IFIP ist ein weltweiter, nicht gewinnorientierter Zusammenschluss von Gesellschaften für IKT-Fachleute mit dem Ziel, eine weltweite professionelle und sozial verantwortliche Entwicklung und Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien zu erreichen.